Der dritte von sechs Weinen an diesem Abend und der letzte weiße. Was soll ich sagen, mir gehen langsam die Adjektive aus. Nach der schon sensationellen Abtserde von Keller jetzt also nochmal eine Schippe drauf. ich kann es nicht anders sagen, dieser Wein hat was magisches. Völlig anders als alles was ich bisher probiert haben - überhaupt nicht Riesling-typisch, absolut eigenständig, eine Klasse für sich.

Wer genau hinsieht, kann auf dem Etikett des “Unendlich” die Königin der Nacht aus Mozarts Zauberflöte ausmachen. Es gehört schon ein gewisser Mut dazu, ist doch die Königin der Nacht alles andere als eine liebreizende Persönlichkeit. Aber musikalisch lässt sich da sicher die eine oder andere Parallele ziehen. Die bekannte Arie “Der Hölle Rache” ist ein extrem anspruchsvolles Gesangsstück mit einem Tonumfang über zwei Oktaven. Wenn Geschmack Oktaven hätte, würde der “Unendlich” sicher auch mindestens über zwei Oktaven gehen - das Spektrum, das dieser Wein an den Tag legt kommt dem schon sehr nah.

Interessant ist sicher auch, dass die Arie zu den ausgewählten Musikstücken gehört, die als Beispiele für die Musik der Menschheit an Bord der Raumsonden Voyager 1 und Voyager 2 ins Orbit geschossen wurde. Sollte es eines Tagen eine Voyager 3 geben sollte die NASA in Erwägung ziehen, als Beispiel für die hohe Kunst des Weinbaus und Beleg für die Fähigkeit unserer Spezies zu Genuss und Perfektion eine Flasche Wein mit zu schicken. Der FX Unendlich Riesling Smaragd 2006 wäre dafür sicher ein geeigneter Kandidat.

Gut dass diese Flasche nicht ins Orbit geschossen wurde sondern in meinem Glas landet. Die dunkelgelbe Farbe und eine fast dickflüssige Konsistenz lassen auf ein konzentriertes Erlebnis hoffen. Ich bin gespannt. Die Nase passt zur Farbe - Trockenobstaromen, Quittengelee, sehr vielschichtig und nuancenreich. Im Geschmack erinnert er an sehr alte französische Weißweine, extrem konzentriert, ein bisschen wie Sherry. Aromen von Honig und reifen Pfirsichen. Deutlich erkennbare Botrytistnote.

Botrytis klingt wie eine Krankheit ist aber in Wahrheit eine Edelfäule, die die Trauben austrocknen läst und im Innern der Trauben spektakuläre chemische Prozesse startet. Dadurch entsteht dieser ganz spezielle honigartige Geschmack. Pichler ist dafür bekannt, dass er die Trauben länger hängen lässt als irgend ein anderer Winzer sich das jemals trauen würde. Das kann voll nach hinten los gehen und verlangt eine Menge Mut oder wie im Falle von Pichler ganz souveräne Erfahrung.

Alle Aromen sind so voller Frucht und Süße aber zugleich perfekt in die Säure eingebunden und ausbalanciert, dass der Wein auf ganz seltsame Weise zugleich süß und trocken ist. Vielleicht ist es genau dieses Spannungsfeld, das den Wein so einzigartig macht.

Im Abgang kommen dezente Vanille und Tropenfrüchte dazu - in einer Länge die dem Wein seinen Namen gegeben hat: Unendlich.

F.X. Pichler
FX Unendlich Riesling Smaragd 2006,
Wachau, Österreich
€ 189,-