Rückwärtsbraten - also erst bei niedriger Temperatur in den Ofen und ganz zum Schluss anbraten - ist nichts wirklich neues und ich hab’s auch nicht erfunden, aber ich liebe es und mache das ständig, weil es perfekte Ergebnisse liefert. Das Fleisch wird durch und durch gleichmäßig rosa und außen knusprig - und das Beste: die Marinade bleibt im Ofen drauf und richtet dort ganz wunderbare Dinge an.

Wenn ich Fleisch “rückwärts” brate, komme ich doch immer wieder an den Punkt, an dem ich mir die Frage stelle, wie lange das noch “rückwärts” heißen kann. Wenn ich das nur oft genug mache und andere das vielleicht auch noch ganz oft nachmachen, ist “rückwärts” dann vielleicht irgendwann das neue “vorwärts”? Normalität ist doch eine ziemlich relative Angelegenheit. Zumindest dann, wenn man sich auf die eigene Perspektive beschränkt.

Was ist eigentlich normal und wer entscheidet das? Die Psychologen beschäftigen sich intensiv mit der Definition von Normalität, weil sich danach wunderbar entscheiden lässt, wann und ob man schizophren ist. Hinkt ein bisschen, denn das bringt natürlich jede Menge Patienten auf die Couch, wenn man den Rahmen nur eng genug steckt.

Die Soziologen sind da schon etwas objektiver. Sie sind der Meinung, dass wir von unseren Gefühlen permanent unterbewusst Normalitätsstatistiken erstellen und damit unseren Begriff von Normalität immer wieder neu ausrichten. Normal ist was wir gewohnt sind. Schwule Außenminister, tätowierte Präsidenten-(ex)-Frauen - völlig normal und völlig zu recht, aber noch nicht sehr lange.

Ein Ansatz, mit dem ich ganz gut leben kann - lässt er mir doch genügend Raum, meinen Begriff von Normalität selbst zu definieren. - Klingt irgendwie ein kleines Bisschen schizo ;-).

Aber zurück zum Fleisch. Vieleicht ist das alles gar nicht so kompliziert. Wer lecker kocht hat recht, Ende. Der Weg dahin darf - ja muss vielleicht sogar - etwas unkonventionell sein, denn das erhöht die Chance auf etwas außergewöhnliches. Außerdem bin ich fest davon überzeugt, dass auch die Story zum Gericht auf den Geschmack wirkt.

Zutaten

  • 1 oder 2 Lammkarrees
  • Salz
  • 2 Knoblauchzehen
  • Thymian
  • Rosmarin
  • 2 Charlotten
  • 1TL Senf
  • 30ml Rapsöl
  • Zubereitung

Lammkarree von Sehnen und überschüssigem Fett befreien und mit grobem Meersalz kräftig salzen. Knoblauch, Thymian, Rosmarin und Charlotten fein hacken und mit Rapsöl und Senf zu einer Marinade verrühren. Marinade auf dem Fleisch verteilen und zugedeckt mindestens 2h marinieren und dabei langsam auf Raumtemperatur kommen lassen.

Das Lammkarree kommt, je nach Gewicht, für 1-1,5h bei 100°C in den Ofen. Die Marinade bleibt drauf. Wer ein Thermometer hat, nimmt das Fleisch bei 52°C Kerntemperatur raus. Das ist noch sehr “rare”, aber es kommt ja noch in die Pfanne.

Jetzt die Marinade vom Fleisch schaben und das Karree in der Grillpfanne rundherum scharf anbraten. 5 Min. ruhen lassen und dann entlang der Knochen zu kleinen Koteletts aufschneiden.