Dreams on a Plate

VON DER MARK, PINOT NOIR 2008 “FOR UNTO US A CHILD WAS BORN”

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Jürgen von der Mark - Deutschlands erster Master-of-Wine - benennt seine besten Weinen gerne nach Liedern in denen er Parallelen zu seinen Weinen sieht. Beim 2008er Pinot Noir ist es “For unto us a child was born” aus Händels “Messias”. In diesem Stück geht es um nicht weniger als die Ankunft des Herrn, die Latte liegt also ziemlich hoch.

Der Wein zeigt sich im Glas zunächst Pinot Noir-typisch eher etwas blass und hell, läuft aber wunderbar dickflüssig am Glas herunter. Nach dem ersten Schnuppern und einem vorsichtigen Schluck wird klar, wie das mit der Ankunft des Herrn gemeint war: Etwas ganz wunderbares und zugleich rätselhaftes findet da gerade statt - in dem Glas vor mir.

Eigentlich müssten jetzt die Assoziationen nur so aus mir heraus sprudeln - Leder, oder diverse Gewürze und Obstsorten - doch nichts - absolut nichts fällt mir dazu ein. Das liegt nicht etwa daran, dass der Wein nichts sagend wäre, oder blass und ausdruckslos - nein im Gegenteil, da ist unheimlich viel zu entdecken, es ist nur so unglaublich harmonisch und ausgewogen, dass man schon sehr genau “hinschmecken” muss, um einzelne Nuancen auszumachen. Es ist, als wolle man bei einem 200-Personen-Chor eine einzelne Stimme raushören. Fast unmöglich. Wozu auch. Warum etwas zerlegen was zusammen gehört?

Einen Moment lang genieße ich einfach nur, was da auf mich einwirkt, dann packt mich aber doch der Ehrgeiz und es gelingt mir, getrocknete Tomaten in der Nase auszumachen. Etwas Himbeere und feuchter Waldboden. Orientalische Gewürze melden sich dezent aus dem Hintergrund. Schwarze Johannisbeeren vielleicht.

Im Geschmack sind getrocknete Pflaumen das erste was mir in den Sinn kommt. Mit viel Konzentration entdecke ich dann die üblichen Verdächtigen Leder & Tabak. Etwas Nelken, Kaffee und dunkle Schokolade - die ganz dunkle mit 99% Kakao. Der feuchte Waldboden ist auch wieder da - diesmal mit Pilzen und Moos. Im Abgang mischt sich ganz dezent Marzipan zwischen die Tannine. Eine halbe Ewigkeit klingt der Wein nach - ich bin geflasht. So schmeckt also die Ankunft des Herrn.

Fazit

Ein Wein voller Balance und Finesse der viel Aufmerksamkeit verlangt. Sehr aufgeräumt aber zugleich nuancenreich. Ganz großes Kino. Zum Essen fast zu schade - besser nur ein bisschen gutes Baguette und vielleicht ein leichter Frischkäse dazu.

STELLENBOSCH GRACELAND SHIRAZ 2010 / SÜDAFRIKA

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Heute habe ich die letzte Flasche meines Lieblingsweines aufgemacht. Der Graceland Shiraz 2010 gefällt mir - ganz abgesehen vom hervorragenden Preis-Leistungs-Verhältnis - deshalb so gut, weil er ein ganz ehrlicher Wein ist. Er beeindruckt mit einem Wahnsinns Bouquet, löst aber all das, was die Nase verspricht, später auch ein. Das findet man in dieser Preislage nicht oft. Eine betörende Nase bekommen die Önologen mit etwas Geschick schon irgendwie hin, oft war’s das dann aber und der Geschmack kommt einfach nicht mit.

Anders bei diesem Shiraz. Er verspricht einem ein komplexes Aroma aus süßen Komponenten wie reifen Pflaumen, Brombeeren, Cassis, aber auch deftige Noten wie Speck, Tabak, schwarzer Pfeffer und Leder.

Im Geschmack wunderbar harmonisch zur Nase, aber auch in sich stimmig mit dezentem Bariquearoma und weichen Tanninen. Etwas Luft tut ihm gut, das Zeitfenster ist aber nicht sehr groß - auf keine Fall dekantieren! Besser im Glas entfalten lassen und dabei sein während er sich entwickelt. Mit jedem Schluck lassen sich neue Nuancen entdecken - wirklich spannend.

Der Wein macht sich hervorragend neben rotem Fleisch oder Lamm. Schmeckt aber auch hervorragend solo zu einem guten Buch oder netter Gesellschaft.

2009 CLOS DE LOLOL UND DAZU EIN FILET

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Heute kochen wir uns was passendes zum Wein. Eigentlich läuft die Sache ja andersrum - erst mal Essen planen und dann den passenden Wein dazu aussuchen, aber in diesem Fall war in Sekundenschnelle klar, wer hier den Ton angibt.

Der 2009er Clos de Lolol stammt aus Chile und hat die ersten 18 Monate seines kurzen Lebens in französischen Barrique-Fässern verbracht. Kreiert wurde der Wein von Winemaker Francois Lurton, dem es gelungen ist, einen wirklich mächtigen Cuvèe aus Cabernet Franc und Carmenère zu zaubern. Der Wein ist noch jung, das merkt man, weitere 3-5 Jahre in der Flasche werden im sicher gut tun, aber schon jetzt gibt es mit ihm einiges zu erleben.

Die Nase betört mit intensivem Duft nach schwarzen Johannisbeeren, im Geschmack zunächst etwas verschlossen, öffnet sich der Wein mit der Zeit und gibt Aromen von Lakritze, Sternanis und getrockneten Aprikosen frei. Die harten Tannine geben an der Luft nach - ein Wein, der gerne dekantiert werden möchte. Insgesamt ein Erlebnis, das sich über den Abend mit zunehmender Luft im Glas stetig verändert. Der Abgang komplex und extrem lang mit wieder neuen Nuancen nach - nicht lachen - Schwarzwälder Kirschtorte.

Den 2009er Clos de Lolol gibt’s bei Jaques Weindepot für auf jeden Fall gut angelegte € 14,-.

Bei der Verkostung war mir beim ersten Schluck klar: Das ist ein Wein für ein Rinderfilet! - Und die Nase machte dann die Vorgaben für die Sauce: Creme de Cassis. Aus dem süßen Zeug eine Sauce machen? - Aber auf jeden Fall! Nur mit ein bisschen Sahne und Knoblauch. - Ja auch das geht. Beilagen fast irrelevant. Höchstens ein paar Bratkartöffelchen. Hier geht’s schließlich um mehr als nur satt zu werden.

Das Fleisch wird “rückwärts” gegahrt, d.h. erst das ganze Filet am Stück für gute 3h bei 80°C in den Ofen und dann erst in Steaks geschnitten und für nur wenige Sekunden in die Pfanne. Das Ergebnis: Saftig, butterzart und durch und durch rosa. Schaut euch die Bilder an - mehr braucht’s glaube ich nicht an Überzeugungsarbeit.

Zutaten

  • 2 Knoblauchzehen
  • 50g weiche Butter
  • 200ml Sahne
  • 1cl Creme de Cassis
  • Pfeffer
  • Salz
  • 1 ganzes Rinderfilet
  • Kernthermometer

Zubereitung

Knoblauch fein hacken und in etwas Butter anschwitzen. Nicht braun werden lassen. Sahne angießen und auf ca. die hälfte reduzieren lassen. Creme de Cassis zugeben, mit Salz und Pfeffer kräftig abschmecken. Nicht mit Salz sparen, sonst schmeckt’s wie Nachtisch.

Die Sauce ist ziemlich dick. Ich mag das. Wem das zu mächtig ist, der gießt 100ml Rinderfond an und schäumt’s mit dem Mixer zu einem lockeren Schäumchen auf.

Das Fleisch braucht zwar Zeit, macht aber kaum Arbeit. Beim Rückwärtsgaaren geht es weniger um die genaue Garzeit sonder vielmehr um die Kerntemperatur. Deshalb braucht man unbedingt ein Kernthermometer. Das Fleisch sollte einige Zeit vorher aus dem Kühlschrank genommen werden, damit es schon mal ein bisschen auf Temperatur kommt. Kommt das Fleisch mit 4-6°C direkt aus dem Kühlschrank, kann sich die Garzeit schnell mal um 45min. verlängern.

Ich fahre gut damit, das Fleisch 2h bei Raumtemperatur zu lagern, bevor es in den Oven kommt, dann hat es im Kern ca. 10°C. Ich plane dann gut 3h bis zum Hauptgang ein. Das Fleisch ist perfekt, wenn es 50°C Kerntemperatur hat. Und glaubt ja nicht, was auf diese Thermometer aufgemalt ist. Alles Blödsinn.

Sollte man sich mit seine Gästen später festquatschen (was eigentlich immer passiert) und der Hauptgang verschiebt sich um 30min. nach hinten, stellt man den Ofen einfach unter auf 65°C und quatsche weiter. Alles kein Problem. Das macht dem Fleisch gar nichts. Es wartet einfach geduldig bis es dran ist. Äußerst entspannt.

Jetzt zum Handwerklichen: Fleisch putzen und von Fett und Sehnen befreien. Aus der Mitte ein schönes Stück in der Größe von ca. vier bis sechs Filets schneiden. Den Rest beiseite legen und später zu Kindersteaks oder Stroganoff verarbeiten.

Ofen auf 100°C vorheizen. Thermometer ziemlich genau in der Mitte des Fleisches platzieren. Das Filet dick mit weicher Butter einstreichen und ab damit in die Röhre. Ofen direkt runterstellen auf 80°C. Jetzt die Kerntemperatur im Auge behalten. Wenn es auf 50°C zugeht und ihr braucht noch Zeit, Ofen runterschalten auf 65°C.

Kurz vor dem servieren das Fleisch aus dem Ofen nehmen, in vier bis sechs gleich große Steaks schneiden und auf den Schnittseiten ca. 30 Sek. von beiden Seiten scharf anbraten. Mit Fleur de Sel und schwarzen Pfeffer würzen und auf heißen Tellern anrichten, das Fleisch wird sonst wirklich schnell kalt.