Vor einigen Jahren noch hatte ich für deutsche Rotweine nicht viel mehr als Spott un Häme übrig. Weißwein ja - aber rot? Ging gar nicht. Ganz übel ist mir noch der magenschonend ohne Stengel gekelterte Dornfelder aus der Fernsehwerbung in Erinnerung. Das war mein Bild von deutschem Rotwein. Mit ernsthaftem Genuss hatte das alles nichts zu tun. Das Fazit war klar: die Deutschen können’s einfach nicht.

Doch Gott sei Dank die Zeiten ändern sich. Wer sich wie ich an deutsche Rotweine neu herantasten möchte, sollte mit dem Spätburgunder anfangen, denn inzwischen gibt es das, was die Franzosen Pinot Noire nennen auch bei uns in grandioser Qualität.

Heute kann man durchaus sagen: “Yes we can” Rotwein machen! Und was für welchen. Einer von denen, die es richtig drauf haben, ist Erik Riffel. Zusammen mit seiner Frau Carolin trägt er das Weingut seiner Eltern in die nächste Generation, stell konsequent auf Bio um und liefert eine Meisterleistung ab.

Die “Turm” Weine stellen bei Riffel die Spitzenkategorie. Das heißt ganz oben im Regal und nicht ganz billig. So auch dieser Spätburgunder, dessen Trauben in der Spitzenlage “Binger Bubenstück” von der Sonne verwöhnt werden.

Er steht anfangs etwas blass im Glas, was aber völlig normal ist. Das wässrige Erscheinungsbild ist typisch für die Rebsorte und sagt nichts über die Qualität aus. Das muss man als eingefleischter Cabernet Sauvignon Freund erst mal lernen.

Frisch geöffnet gibt sich der Wein zunächst ziemlich zugeknöpft. Schwere Tannine, Frucht ganz weit hinten versteckt, alles sehr kompliziert. Aber die Zeit heilt alle Wunden, der Wein braucht Luft. Viel Luft. Dann entfaltet sich genau das, was man sich von einem tollen Rotwein wünscht: ein Feuerwerk! Gewürze, Waldbeeren, getrocknete Aprikosen - ein komplexes Zusammenspiel unterschiedlichster Aromen, toll ausbalanciert. Ein paar Jahre im Keller würden dem Wein sicher gut bekommen. Dann kommt er bestimmt schneller aus sich heraus und hat dann noch mehr zu bieten als heute schon. Wer die Geduld hat, ein paar Flaschen davon wegzulegen, sollte das tun - da geht bestimmt noch mehr.

Für die ungeduldigen hier noch ein Geheimtipp: Wie viele große Weine hat auch der Spätburgunder “Turm” einen kleinen Bruder. Der Spätburgunder “mariage” kann auch was, kostet weniger als die Hälfte und ist jetzt schon absolut trinkreif.